Was ist neorealismus (internationale beziehungen)?

Neorealismus, auch bekannt als Struktur- oder Systemrealismus, ist ein theoretischer Ansatz in den internationalen Beziehungen. Es wurde in den 1970er Jahren von Kenneth Waltz entwickelt und baut auf dem klassischen Realismus auf, der besagt, dass der internationale Machtkampf auf der Selbstinteresse der Staaten basiert.

Der Neorealismus legt jedoch den Schwerpunkt auf die Struktur des internationalen Systems und betont die Bedeutung der Anarchie in diesem System. Demnach existiert keine übergeordnete Autorität oder Weltregierung, die das Verhalten der Staaten kontrolliert. Diese Anarchie führt dazu, dass Staaten bestrebt sind, ihre eigene Sicherheit und Überlebensfähigkeit zu gewährleisten und einen maximalen Nutzen für sich zu erzielen.

Ein weiteres Merkmal des Neorealismus ist die Fokussierung auf die Verteilung der Macht zwischen den Staaten. Macht wird als wichtigste Ressource in den internationalen Beziehungen betrachtet, da sie den Handlungsspielraum eines Staates bestimmt. Die Machtverteilung bleibt in erster Linie auf die militärische Macht und die Fähigkeit zur Durchsetzung von Interessen beschränkt. Dies führt dazu, dass Staaten Streben nach relativer Machtsteigerung und Abschreckung durch die Bildung von Allianzen und Bündnissen.

Ein weiterer Aspekt des Neorealismus ist die Theorie der Rationalität der Staatenakteure. Staaten werden als egoistisch und rationell betrachtet, da sie stets ihre nationalen Interessen verfolgen und Entscheidungen unter Berücksichtigung von Kosten und Nutzen treffen. Dadurch werden beispielsweise Kooperationen zwischen Staaten erschwert, da ein Sicherheitsdilemma entstehen kann, bei dem der Versuch eines Staates, seine Sicherheit zu erhöhen, andere Staaten dazu motivieren könnte, ebenfalls Aufrüstung zu betreiben.

Der Neorealismus hat einen erheblichen Einfluss auf die Analyse und Interpretation politischer Konflikte und Bündnisse in den internationalen Beziehungen. Kritiker argumentieren jedoch, dass dieser Ansatz zu stark vereinfachend ist, da er die Rolle von Ideen, Normen und nichtstaatlichen Akteuren in den internationalen Beziehungen vernachlässigt.

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